Poxymedon

Trompete / Sopranposaune / Flügelhorn / Musikwissenschaft / Songwriting

Jazz-, Funk-, Salsa- und Popsoli

Jazzsolotranskriptionen

Käufliche Jazztranskriptionen zählen zu den am weitesten und besten entwickelten, weil hier nach Gehör aufgeschrieben wird, was sowieso schon in der Spielpraxis etabliert ist und längst Übernahme in die Jazznotation schon bei der Komposition gefunden hat. Es hat in den letzten 100 Jahren Jazzgeschichte eine Wechselwirkung zwischen Ausdruck und Notation stattgefunden, im wesentlichen bei Bigbandpartituren, um einheitliche Spielweisen und deren immer gleiche Reproduktion in der Sektion zu gewährleisten. Man muss sich selber hervorragend mit Jazz durch eigene Spielpraxis (meist auch Jazzstudium) auskennen, um überhaupt die Gepflogenheiten der Spielweisen zu kennen und diese dann wieder zu Papier zu bringen. Trotzdem gilt auch bei solchen käuflichen Jazzsolotranskriptionen: Vorsicht! Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das Nachspielen ergibt nur in Verbindung mit der Originalaufnahme Sinn. Deshalb liefere ich hier als Nachweis die Audioquellen für meine eigenen Transkriptionen gleich mit dazu! Wer die Noten lesen und runterladen will, klickt auf den blauen Namen. Wer eine neue Transkription wünscht, kontaktiert mich einfach unter „Kontakt“ am Ende der Webseite.

Peter Fessler: Happy Morning (Til Brönner)

Lars Danielsson: The Madonna (Mathias Eick)

Matt Bianco: Buddy love (Guy Barker)

Matt Bianco:  More than I can bear (Guy Barker)

John Mayall: Sunshine (Blue Mitchell)

Fats Navarro: The chase (Take 1)

Jimmy van Heusen: Polka dots and moonbeams (Chet Baker)

Lee Morgan: Ceora (Eddie Henderson)

Clifford Brown: Sandu (Noten, Referenzaufnahme)

Jazz Funk

Trompeter, die bei Rockpopmusik und Salsa für Bläsersätze eingesetzt werden, sind normalerweise Profis, die in Jazz ausgebildet wurden oder zumindest mit der Stilistik des Jazz bestens vertraut sind. Salsa, Funk und Soul sind ja selber sehr jazzaffin, weshalb auch die Bläsersoli immer leicht oder deutlich nach Jazz klingen und somit die Transkription von den etablierten Notationsformen Gebrauch machen kann.

Incognito: Pyramids (Kevin Robinson)

Brandon Fields/Walt Fowler: Everybodys business (Partiturausschnitt ohne Drums)

Brandon Fields ist Saxofonist, Walt(er) Fowler Trompeter. Die Transkription ist für meine Magisterarbeit entstanden, um mein neu entwickeltes harmonisches Analyseverfahren auf die komplexe Harmonik in diesem Stück anzuwenden.

Popmusik

In der Popmusik ist ein Jazzeinfluss meist nicht zu hören, weil das seitens der Produzenten nicht erwünscht ist. Deswegen lohnt es sich nicht, 4- bis 8-taktige Fill-Ins von Trompetensoli zu transkribieren, die nach Domestikation und Opportunität klingen oder sowieso ausnotiert und abgespielt oder gesampelt und nicht improvisiert wurden. Zu nennen sind beispielhaft die Trompete am Ende von Justin Biebers Love yourself, die Fill-Ins in Jein von Fettes Brot, das Intro im Song The latest trick von Dire Straits, das Fill-In-Solo bei Chumbawamba im Song Tubthumping, das Trompetensolo im Song Papa was a rolling stone in der bekanntesten Version der Temptations, das Trompeten-Fill-In im Song Too much der Spice Girls, dasjenige im Song Picture of you der (ehemaligen) Boygroup Boyzone oder seit „neustem“ (Platz 79 in den Charts am 1.9.2016) das zweitaktige Fill-In von Major Lazer feat. Nyla & Fuse ODG: Light it up (Remix). Es gibt zahllose Beispiele dafür.

Diego Torres: La ultima noche (Juan Cruz de Urquiza)

Diese Transkription habe ich am Rechner mit dem Programm Wavelab mit unterschiedlich langsamen Tempi der Originalgeschwindigkeit angefertigt, indem ich taktweise eine Hörschleife markierte, die Noten in Finale schrieb, deren MIDI-Datei angehört hatte und diese im weiteren Arbeitsprozess laufend dem Original anpasste. So kommt es, dass die Rhythmik so komplex aussieht wie bei Frederik Chopin die Nocturnes: 7:6, 7:5, 4:5, 4:3, 5:4. Das macht sich in rhythmisch sehr frei und beliebig wirkender Spielweise bemerkbar. Es ist streng diatonisch, d.h. es kommt kein einziger Ton vor, der nicht in der Tonart vorhanden ist. Das ist ein Hauptgrund von mehreren, dieses Trompetensolo nicht bei Jazz einzustufen, sondern bei Popmusik. Für den Trompeterstil ist auffällig, dass sehr viele Phrasen auf dem vierten Achtel im Takt anfangen (7 Stück), also nach einer punktierten Viertelpause, und die Motivik vorrangig aus umspielten Tonleiterausschnitten besteht.

Ich habe zusätzlich zur B-Trompetenversion noch eine D-Trompetenversion angefertigt, selbst wenn diese exotische Trompete kaum jemand besitzt, weil man zwei Vorzeichen einspart und nur noch 3 Vorzeichen für Fis-Moll hat und nicht mehr 5 für B-Moll.

Phil Carmen: On my way in L.A. (Steve Dawson) (YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=tepBe2mJVeg)

O.M.I.: Cheerleader (Hörbeispiel in YouTube)
In diese Datei wurde eine im Internet zu findende Laientranskription voller Fehler integriert, die mit meinen handschriftlichen Korrekturen übersät ist, weil sie vor Fehlern strotzt. Sie möge als abschreckendes, mahnendes Beispiel dafür dienen, auf welchen Schund man hereinfallen kann, wenn man sich blind auf irgendwelche wohlwollenden Hobbytranskriptionen aus dem Internet einlässt.

 Ska & Punkrock

Die Trompeterszene in diesen Genres rekrutiert sich von Anfang an aus HobbymusikerInnen, die über die Jahre Spielerfahrung sammeln und sich mit Glück und Ausdauer als Bandmitglieder professionalisieren. Sie haben also keinerlei Jazzausbildung oder überhaupt irgend eine akademische Musikbildung. Deswegen klingen deren Soli grundsätzlich ganz anders als die oben erwähnten: weit weniger virtuos, tonal sehr viel strenger, rhythmisch glatter, technisch insgesamt profunder, man bleibt bei den Grundlagen wie Pentatonik und Repetitionen. Mir ist keine einzige Punkrock- oder Ska-Band bekannt, die sich von Anfang an aus Profimusikern gegründet hatte. Insofern kann man Soli aus dem Punkrock und Ska viel einfacher transkribieren als aus dem Jazz.

Banana Peel Slippers: Political correctness (Tilman Zschocke)

Transkriptionen üben

Die Transkriptionsnoten bieten den unschlagbaren Vorteil, dass die Transkription unabhängig von der Quellaufnahme und somit komplett ohne jene geübt werden kann. Meine Herangehensweise ist, die Noten so zu üben wie eine regulär gedruckte, anspruchsvolle Komposition, bei der alle Details und Feinheiten penibel berücksichtigt werden. Auf diese Weise werden gerade die idiomatischen Artikulationsweisen gezielt wahrgenommen und können ins Üben eingebaut werden. Das Endziel ist, die Transkription bei laufender Aufnahme fehlerfrei und als Stilkopie des Solisten mitspielen zu können. Im Vorstadium werden je nach Originaltempo langsamere Tempi (taktweise) nach Metronom geübt.

Der falsche Weg ist, die Aufnahme trotz Noten von Anfang an zum Mitspielen zu benutzen und davon auszugehen, dass man jene dabei einfach nur runterspielen bräuchte. Falsch deshalb, weil sich die Aufmerksamkeit weg von den idiomatischen Artikulationsweisen auf das Timing und Mithalten verlagern, denn die Aufnahme hält ja nicht an oder kann langsamer gespielt werden. Wenn man die Transkription beherrscht, simuliert man sozusagen die Livesituation wie bei einem regulären Konzert so lange, bis man fit genug ist, über die Details der Tonbildung, Artikulation, Phrasierung, Atmung, Tonhöhe und Rhythmik nicht mehr nachdenken zu müssen.

Bei sehr komplexen X-Tolen ist das Anhören der Aufnahme bisweilen der einzige Weg nachzuvollziehen, wie sie sich überhaupt anhören soll. Bei den ganzen einfachen X-Tolen mit durchlaufenden, gleichmäßigen Notenwerten empfehle ich, eine nach der anderen isoliert mit Metronom zu üben und dann die Einzelteile zusammenzusetzen, anstatt ganze Phrasen mit X-Tolen am Stück einzuüben. Überlagerungswerte, die im fraglichen Solo nicht vorkommen, kann man als eigene Übung ganz losgelöst vom Solo natürlich trotzdem mit zufälligen Tönen üben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich das Notentempo verändert, während gleichzeitig die binären oder regelmäßigen Taktschläge weiterlaufen. Man kann minutenlang nur einzelne X-Tolen aus der Tabelle mit den wichtigsten X-Tolen üben, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Mir hatte über die Jahre sehr geholfen, dass ich mir neue, fremde Zahlenverhältnisse zunächst nicht mit der Trompete spielte, sondern rein rhythmisch mit der Stimme mir selber vorgezählt hatte (z.B. „12345 12345 12345 12345 12345“ über 6, über 7, über 3 usw.). Den Gegenwert tickt das Metronom, das ja konstant ist. So kann man die Gleichmäßigkeit der X-Tolentöne üben, bevor sie mit dem Musikinstrument gespielt werden.

Beispiel: Im Trompetensolo von Juan Cruz de Urquiza (La ultima noche, Diego Torres, s.o.) kommen fünf (!) Septolen vor, davon die erste 7:5 und die anderen vier 7:6. Die erste Septole könnte man üben, indem das Metronom immer 5 Schläge tickt, über die man 7 zählt und später spielt. Die anderen Septolen können so geübt werden, dass das Metronom nur 3 Viertel tickt und man 7 Töne in dieser Zeit gleichmäßig unterbringt. Das ist wie ein ¾-Takt, der komplett mit 7 statt 6 Noten ausgefüllt ist. So kann man das Metronomtempo hervorragend beliebig an das eigene Spielvermögen anpassen, bis 7:6 einwandfrei gezählt und dann gespielt werden können. Es widerstrebt einem zunächst, das zu bewerkstelligen, weil das Tempo von nur 6 Noten im ¾-Takt absolut vertraut ist. Nun eine Note mehr unterzubringen, muss durch beschleunigtes Zählen geübt werden, anders lernt man das nicht. Diese Methode führt automatisch dazu, dass man sich ein festes Zahlenverhältnis von X über Y auch optisch einzuprägen lernt. Das bietet die Aufnahme schließlich nicht.