(mikrotonale) Trompete
Wer mich als Trompeter für Studioaufnahmen, Unterricht und Liveauftritte braucht, kontaktiere mich unter „Kontakt“ am Ende der Webseite.
Ich besitze 10 Instrumente, darunter Exoten und Spezialkonstruktionen: vier B-Trompeten (eine Taschentrompete dabei, eine B/C-Trompete dabei), zwei Flügelhörner, eine Zugtrompete, eine Sopranposaune, Ein F/B-Doppelhorn. Meine Haupttrompete ist diese:
Marke Thein, Seriennummer 29207, Schallbecher auswechselbar, hat die Nummer 84366. Die Stimmbögen habe ich von Thein so umbauen lassen, dass sie nach innen verstimmt werden können, um gewisse typisch falsch klingende Töne ausgleichen zu können. Eine Detailansicht des Umbaus ist hier:
Die Grundrohrlänge ist durch eine Federung und einen Stopper begrenzt und kann zusätzlich durch eine Stellschraube in der Intonation angepasst werden. Am ersten Ventilbogen ist zusätzlich das U als Halterung für den linken Daumen als Ring für den rechten Daumen umgebaut worden, weil die linke Hand das erste Ventil während des Spielens nicht mehr vernünftig bedienen kann, wenn beide Stimmbögen gleichzeitig gezogen werden müssen. Gleichzeitig muss der rechte Daumen das Instrument mit festhalten. In der Praxis hat sich dieser Ring für den rechten Daumen als gute Haltestabilisation der Trompete herausgestellt (besser als ein „U“), weil er nicht mehr einfach nur unter das Mundrohr gelegt, sondern die Trompete daran aufgehangen wird. Diese Umbaumaßnahme hat sich gleichzeitig zum Spielen von unspezifischen Mikrotönen bewährt.
Meine D-Trompete:
Marke: A. Dost München, Baujahr ca. 1962, Baunummer 6643. Das Gummiband ersetzt eine nicht vorhandene Rückholfeder für den Stimmbogen am dritten Ventil und verhindert ferner, dass jener beim senkrechen Abstellen herausfällt.
Zwei Sopranposaunen (eine billige und eine professionelle mit Quartventil) sowie ein vierventiliges Flügelhorn habe ich auch noch. Für die Spezialinstrumente gibt es noch keine Schulen, darum habe ich Pionierarbeit geleistet und für beide Instrumente schon einmal Grundlagentexte zur allgemeinen Information geschrieben. Ferner gibt es dort auf der Seite dazu die nirgendwo veröffentlichten Lagen- und Grifftabellen mit den dazugehörigen speziellen Spieltechniken. Für das vierventilige Flügelhorn arbeite ich seit Ende 2015 an einer ersten, durchsystematisierten Schule und suche dafür Sponsoren, Verlage sowie Komponisten, die Etüden komponieren wollen. Alles weitere auf der dazugehörigen Seite.
Professioinelle Trompeten
Profitrompetern werde ich hier nichts neues erzählen. Für alle Amateure und Hobbymusiker, insbesondere Neulinge und Schüler, die sich orientieren wollen, welche Ausstattung eine wirklich gute Trompete haben muss, sei die nachfolgende Textdatei empfohlen. Es geht darin nicht um Geld, Marken, Verarbeitung und Bauformen (Dreh- oder Pumpventile?), sondern um neutral beschriebene Merkmale, mit denen man auch ohne Qualitätsbewusstsein zumindest Anhaltspunkte hat, worauf beim Trompetenkauf zu achten ist und wer wann welchen Trompetentyp wofür braucht. Wer sich über Spezialtrompeten informieren will, die im Text nicht erwähnt werden, tut das am besten über die Webseite der Firma Thein.
Zeitgenössische & experimentelle Spielweisen
Hierzu gibt es ein Video in YouTube von mir: neue Spieltechniken für Trompete Die in diesem Video vorgestellten zeitgenössischen und experimentellen Spielweisen sind uneingeschränkt auf alle Pumpventiltrompeten und Flügelhörner übertragbar.
Vierteltonventile
Die Trompete wurde und wird wie alle anderen Musikinstrumente ebenso ständigen Veränderungsprozessen unterworfen, um sie zeitgemäß den Spielanforderungen anzupassen. Zu diesen Veränderungsprozessen gehört inzwischen auch das Vierteltonventil an vierter Position in der Trompete. Es ist besonders für arabische, libanesische und weitere Tonsysteme und ihre Musik geeignet und selbstverständlich ebenso für die seit Jahrzehnten gebräuchlichen Anforderungen zeitgenössischer Komponisten an Mikrotöne, von denen der Viertelton der populärste ist. Alle meine Erkenntnisse und Berufserfahrungen als Trompeter und Musikwissenschaftler habe ich in einem weiteren Fachartikel in der Juli/Augustausgabe Zeitschrift Sonic zusammengefasst, zu dem mir die unten stehenden Fotos auch zur Verfügung gestellt wurden.
Hersteller von Vierteltonventilen an Serieninstrumenten
Die Firmen Vanlaar (Niederlande), Jaeger und Marcinkiewicz (beide USA) sind diejenigen derzeit, die Vierteltontrompeten und/oder Vierteltonflügelhörner bauen, damit Erfahrung haben und deshalb auch Fotos mit Technikangaben in ihren Webseiten darstellen. Vorsicht bei dem Flügelhorn von Marcinkiewicz! Abgebildet ist ein Flügelhorn mit QUARTVENTIL, beschrieben wird aber eines mit Vierteltonventil! Ansonsten muss das Ventil auf Kundenwunsch nachgerüstet werden. Weitere Informationen gibt es hier.
Spezialstimmbogen mit Vierteltonventil zum Auswechseln
Mit dem experimentellen Trompeter Matthias Mainz, meinem ehemaligen Jazzkommilitonen, bin ich persönlich befreundet. Nicht nur er hat ein spezielles Vierteltonventil und kann das in einem separaten Hauptstimmbogen auswechseln. Diese Art, ein Vierteltonventil an einer beliebigen Trompete nachzurüsten, ist die billigste, weil sie jederzeit nachgerüstet werden kann, zumal sie austauschbar bleibt. Elegantere Lösungen sind gewiss Neubauten, also Spezialanfertigungen ganzer Trompeten, bei denen von Anfang an das vierte Ventil mitkonstruiert wird. Der Nachrüststimmbogen mit Vierteltonventil kann folgendermaßen aussehen:
Ganz links ist der Zughebel zu erkennen, der mit dem Zeigefinger der linken Hand bedient werden muss. In die Zugstange integriert ist eine Rückholfederung (die Verdickung in etwa der zweiten Hälfte der Zugstange am Rohrbeginn). Eingebaut in die Trompete sieht das so aus:
Matthias Mainz hat mir sein Instrument mal ein paar Tage ausgeliehen, wofür ich ihm besonders danke, denn deshalb konnte ich eine spezielle Grifftabelle erzeugen, die sämtliche spielbaren Töne der Höhe nach ordnet. Wer auch immer ein Vierteltonventil an seiner Trompete nutzen kann oder will, hat hiermit eine Spezialtabelle. Das Besondere daran ist, dass das Vierteltonventil aufgrund der überblasbaren Naturtöne längst nicht immer nur Vierteltöne erzeugt. Das mag manch einer sowieso wissen (vor allem in der Höhe ist das deutlich), aber die Übersicht dazu hat es noch nie gegeben, denn es gibt wie bei allen Spezialinstrumenten – aber auch an einer konventionellen 3-ventiligen Standardtrompete – Tremolotöne, also Griffdubletten, die sich mit dem Vierteltonventil erzeugen lassen. Die dürfen in einer zeitgemäßen Grifftabelle natürlich auch nicht fehlen. Das Vierteltonventil, das immer das vierte an einer Trompete ist, bekommt logischerweise in der Zählung bei den Griffnummern die Ziffer 4.
In meinem oben bereitgestellten Text zur professionellen Trompete gibt es einen eigenen Textabschnitt zu einem vierten Ventil an einer Trompete, das je nach Verwendungszweck wahlweise ein Vierteltonventil oder Quartventil sein könnte. Wer überhaupt irgend ein viertes Ventil an einer Trompete wünscht oder sogar braucht, sollte sich reiflich überlegen, mit welcher Hand es gespielt werden soll, welcher Ventiltyp das sein soll und ob sich ein Umbau, eine Nachrüstung oder Neubau dafür lohnt. Details dazu im Text.
Wer spielt Vierteltontrompeten oder Vierteltonflügelhörner?
Der verstorbene US-amerikanische Jazztrompeter Don Ellis (1934-1978) war der erste bekannt gewordene Trompeter, der sich ein spezielles Vierteltonventil in seine Trompete einbauen ließ und somit Wegbereiter und Pionier für mikrotonale Musik, die dem heutigen Trend weit vorausgriff. Zu den profiliertesten, experimentierfreudigsten Trompetern, die in Deutschland leben, zählen Markus Stockhausen, Marco Blaauw (sein ehemaliger Schüler und Kollege, festes Mitglied im Ensemble Musikfabrik), Marcus Rust, Stephen Altoft, Malte Burba, Axel Dörner (sein Schüler), Lutz Mandler (auch sein Schüler), Sebastian Haas (auch Schüler von Malte Burba & Til Brönner), Sava Stoianov (Bulgarien, Ensemble Modern) und Paul Hübner.
Ausländische Profitrompeter mit Vierteltonventiltrompeten sind:
Tristram Williams (Flh, Australien), Franz Hautzinger (Österreich), Jan Fredrik Christiansen (Norwegen), Ilkka Arola (Finland), Ralph Dudgeon, Ben Neill (beide USA), Adir Kochavi (Israel), Yazz Ahmed (Bahrain/England) sowie Nassim Maalouf (Vater) und Ibrahim Maalouf (Sohn, Libanon/Frankreich).
Nachrüstmöglichkeiten
Jede ganz normale dreiventilige Trompete lässt sich mit einem solchen zusätzlichen Stimmbogen, wie er oben einzeln abgebildet ist, zu einer Vierteltontrompete nachrüsten. wir sehen auf dem Foto unten eine andere Version des Trompeters Malte Burba für C-Trompete.
Man achte auf das Detail: die Mensuren an einer C-Trompete sind so klein, dass der Vierteltonbogen am Drehventil nur noch ein aufgelöteter runder Deckel von einer Öffnung zur anderen ist und keine Röhre mehr. Die Federung ist unten in der Hebelhalterung untergebracht. Das Ventil wird mit dem Zeigefinger der linken Hand gespielt oder wahlweise mit dem kleinen Finger der rechten Hand. Statt eines Ventils kann der Hauptstimmbogen auch als Posaunenzügel konstruiert werden, der eine Verstimmung bis zu einem Halbton ermöglicht. Auch diese Lösung hat Malte Burba an einer seiner Trompeten einbauen lassen:
Da der Hauptstimmbogen mit dem Zeigefinger der linken Hand bedient wird, ist eine Nachkorrektur am dritten Ventil überflüssig, weil ja sowieso die ganze Trompete beim Spielen umgestimmt werden kann. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig.
Eine weitere Möglichkeit ist auf den Fotos der Doppeltrompete von Marco Blaauw zu sehen:
Der Vierteltonbogen ist zwar auch im entfernbaren Hauptstimmbogen untergebracht, ragt aber nach innen statt nach außen. Schließlich kann man das Vierteltonventil auch noch auf diese Weise vor das dritte Ventil einbauen:
Flügelhörner mit in Reihe eingebautem vierten Ventil gibt es (s.o.) auch für Vierteltonventil. Markus Stockhausens Flügelhorn sieht so aus:
Man achte auf den verlängerten Griffknopf am vierten Ventil, weil dieses mit dem kleinen Finger der RECHTEN Hand gespielt werden muss. Davon kann ich grundsätzlich nur abraten: man möge das vierte Ventil, egal ob als Viertelton- oder Quartventil, mit dem Zeigefinger der linken Hand spielen, sonst wird es große technische Spielprobleme geben (Gabelgriffe, Irritationen, Geschwindigkeit usw.), weil der kleine Finger der rechten Hand ja nie in diese Aufgabe hineingewachsen ist wie die anderen Finger der rechten Hand und immer nur das Instrument im Haltehaken festhielt.
Tremoli und Mikrotöne mit 3 Ventilen
Wer vier Ventile an seinem Instrument hat, darf sich glücklich schätzen, hiermit erheblich leichter Mikrotöne spielen zu können als nur mit drei Ventilen, ganz egal, ob das vierte speziell für Vierteltöne oder eine Quarte (wie am vierventiligen Flügelhorn) konstruiert ist. Wer nur drei Ventile hat, braucht nicht verzagen, denn auch hiermit lassen sich Spezialgriffe spielen, von denen einige zur besseren Intonation unter TrompeterInnen bekannt sind, aber nicht alle. Deshalb habe ich eine Spezialtabelle zusammengestellt, in der sie alle drin stehen. Wichtig ist hierbei – wie bei allen Mikrotönen ohne spezielles Ventil – dass es sich hierbei nicht um exakte Vierteltöne handelt, sondern zufällige, nicht näher bestimmte Zwischengrößen, die teilweise extrem fein vom Standardgriff abweichen. Es bleibt den MusikerInnen und KomponistInnen überlassen, wie sie genutzt werden sollen. Man kann die Spezialgriffe für Mikrotöne freilich noch zusätzlich mit den Stimmbögen am ersten und dritten Ventil nachmanipulieren, um deutlichere Abstufungen zu erhalten.
Es bleibt zu konstatieren, dass die Spielmöglichkeiten für Mikrotöne auf dreiventiligen Trompeten letztendlich unzureichend und eine Mühsal sind, die nur mit erheblichen Ansatzumstellungen und mechanischem Aufwand (Umstimmbögen, Trimmersysteme) einigermaßen zu Erfolg führen, selbst wenn sich Stephen Altoft mit seiner Webseite zur mikrotonalen Trompete als professioneller Kollege sehr verdienstvoll Mühe gemacht hat, für dreiventilige Trompeten zahlreiche Mikrotontabellen zu erarbeiten. Deshalb sind dreiventilige Trompeten für souveränes Mikrotonspiel ungeeignet und nur sporadisch für Komponisten ein Kompromiss. Hinzu kommt, dass die Mikrotonerzeugung mittels der Stimmbögen nicht in hohem Tempo funktioniert, weil der mechanische Aufwand zu groß ist, selbst wenn die Arbeit auf beide Hände verteilt wird (rechts greifen, links vor- oder nachintonieren).
Egal, welchen Trompetentyp ich wähle – dreiventilige Trompete, Vierteltontrompete, vierventiliges Flügelhorn mit Quart- oder Tritonusbogen – die Menge an Mikrotönen zwischen den Halbtönen ist unterschiedlich und wechselt! Ab der Mittellage ist bei allen Instrumenten immer mindestens ein Zwischenton spielbar, das wird aber sukzessiv mehr, je höher man spielt (bedingt durch die Überlagerung der Naturtonreihen), aber eben unregelmäßig, weil sich immer wieder identische Töne (= Tremolotöne) mit unterschiedlichen Griffen überlagern. Deshalb ist die eher zufällige Menge an Mikrotönen zwischen den Halbtönen keinesfalls eine prozentual gleichmäßige Teilung des Halbtons in eben diese Anzahl.
Tremoli sind rein mechanische Tonrepetitionen, also ohne Zungenstoßtechniken bei durchgehendem Luftstrom wie bei normalem Legato (mit Bindebögen). Hierzu müssen unterschiedliche Spezialgriffe gewählt werden, die den selben Ton erzeugen. Sie klingen extrem langsam miteinander abgewechselt als Mikrotöne, aber schnell gespielt fällt der mikrotonale Unterschied nicht auf. Man kann also nicht von einem „Mikrotontriller“ sprechen, wenn der mikrotonale Unterschied nicht besonders groß ist. Ausgeschlossen von echten Tremoli (hohes bis maximales Repetitionstempo) sind alle folgenden Griffkombinationen: 13-2, 12-3, 1-23, 12-13 und 13-23 (sofern auf ihnen überhaupt beieinanderliegende Mikrotöne spielbar sind), weil der mechanische Aufwand mit einer einzigen Hand unspielbar ist. In langsamem Tempo als Legatobindungen sind solche Tonverdoppelungen kein Problem.
Wer als Komponist sicher gehen will, dass die geforderten Tremolo- und Mikrotöne auf konventionellen Trompeten spielbar sind, muss sich an meine oben erwähnte Spezialtabelle halten, die den Grundgriff bestimmt, während Abweichungen davon jederzeit mit dem Ansatz und Umstimmbögen möglich sind und im Zweifelsfall mit einem Trompeter abgesprochen werden sollten. Jeder Komponist ist sehr gut beraten, sich den technisch spielbaren Tonraum für Mikrotöne, den er nutzen will, einmal live vorspielen zu lassen, um sich bewusst zu werden, wie minimal die Tonabstände teilweise sind! Mechanisch saubere und technisch gut spielbare Vierteltöne über den gesamten Tonumfang sind nur mit einem speziellen Vierteltonventil zuverlässig spielbar – und selbst hier ist Vorsicht geboten, wie ich mit meiner Grifftabelle nachweise. Man muss immer bedenken, dass das Gehör des professionellen Musikers keinesfalls in der Spielpraxis auf die Intonation von Viertel- und anderen Mikrotönen geschult ist – es sei denn zur Intonation, um das Instrument zu stimmen oder unliebsame Schwebungen zu tilgen. Es ist also nicht damit getan, einfach nur den Mikrogriff zu benutzen und so zu spielen, wie man es gewöhnt ist.
Dämpfer & Dämpferkritik
Man spricht in der Musik nicht von „Schalldämpfern“ – das sind Materialien und Baustoffe für die Schallisolation, wo es also um jegliche Schalldämmung geht – sondern nur von Dämpfern. Die Hauptfunktion ist entgegen der Wortbedeutung eben nicht, den Schall zu dämpfen, also das Instrument leiser zu machen – das ist bei jedem Dämpfer sowieso immer der Fall und ein Nebeneffekt. Die Hauptaufgabe ist die Klangfarbenveränderung! Es haben sich 5 bis 6 Standardtypen für Dämpfer herausgestellt: Straight, Cup, Harmon / Wawa, Plunger, Bucket.
Kritik ist an dieser Stelle für Komponisten dringend nötig. Kaum ein Komponist hat, gemessen am Vorkommen von Klangfarben durch Dämpfer in den Noten, überhaupt Ahnung von der Dämpfervielfalt und ihrer Verwendungsweise und schreibt einen anderen Dämpfer als den Straight explizit vor (z.B. der Komponist Henri Tomasi in seinem Trompetenkonzert oder der Finne Kimmo Hakola in seinem Klarinettenkonzert). Andere Trompetenklangfarben als die ungedämpfte oder der Straight sind – der Verdacht drängt sich auf – in der Klassik nicht erwünscht, oder man will Assoziationen mit dem Jazz bewusst abwehren (wie alles, was auch nur im entferntesten an Jazz erinnern könnte). Bei den zahllosen Noten, die ich in den letzten 30 Jahren gesehen, gehört und gespielt habe, wird immer nur das Grundwort Mute/Sourdine/Dämpfer in die Stimme ohne jegliche weitere Spezifikation eingetragen. Damit macht sich der Komponist die Sache sehr einfach, denn er hat einfach keine Lust, sich genau zu überlegen, welche Klangfarbe eigentlich für die fragliche Stelle passender wäre als nur den Straight zu verwenden, der selbst ja auch unterschiedliche Klangfarben haben kann. Man überlässt die Dämpferwahl dem Trompeter und zeigt als Komponist damit eigentlich nur, dass man sich mit der Palette an Dämpfern überhaupt nicht auskennt. Dass standardmäßig zum Straight gegriffen wird, wenn nur irgendein beliebiger Dämpfer verlangt wird, gründet sich nicht auf gelerntes Wissen oder Musiziererfahrung der Komponisten, sondern ist lediglich über Jahrzehnte gewachsene Konvention unter Orchestertrompetern und Solisten, weil sich Komponisten jegliche weitere Angaben zum Dämpfertyp sparen.
Der Klangfarbenreichtum mit so vielen Dämpfern wird generell überhaupt nicht ausgereizt, bestenfalls von (ehemals) experimentellen Komponisten wie Maurizio Kagel, Karlheinz Stockhausen und anderen. Das heißt, dass an dieser Stelle der Appell an alle dies lesenden Komponisten (und Trompeter, die es ihnen erzählen und schmackhaft machen können) geht, sich mal dringend mit diesem Klangfarbenreichtum zu beschäftigen, sie sich vorspielen zu lassen und auf die Universalangabe „Dämpfer“ zu verzichten. Es ist mehr möglich, ein Profitrompeter hat diese Standarddämpfer alle und kann sie jederzeit einsetzen.
Lochtöne
Lochtöne werden an einer Trompete hervorgebracht, indem eine Ventilröhre (Stimmbögen) entfernt oder als offene Verlängerung wieder an ihrem Platz aufgesteckt wird. Das ist das Prinzip des historischen Klappenhorns: Löcher in den Luftweg machen. Das Blasgefühl und klingende Ergebnis ist so, als spiele man nur auf dem Mundstück oder nur auf dem Mundrohr. Im Trompetenkonzert von Jürgen Buttkewitz[1] werden Lochtöne einkomponiert. Mit Lochtönen lassen sich radikale Klangfarbeneffekte, Sounds und Glissandi erzeugen. Die Tonqualität reicht – gemessen am Normalklang – von Jaulen, Stöhnen, Autohupe und Fäkalgeräuschen bis hin zu gestochen klaren und gut spielbaren Tönen, die so klingen wie mit Harmondämpfer hervorgebracht. Am Anfang ist es besonders schwierig, eine feste Tonhöhe von geschlossener zu offener Röhre zu spielen oder auch nur anzupeilen, weil durch das Loch die Gesamtrohrlänge verkürzt wird (und nicht verlängert wie beim Zuschalten von Ventilen) und alle Blasdruckverhältnisse in sich zusammenfallen. Wenn diskrete, klare Tonhöhen bei Lochtönen gewünscht werden, müssen diese gezielt geübt und vorbereitet werden, damit sie zuverlässig klingen, wenn man sie braucht. Sie müssen mit deutlich stärkerem Blasdruck (forte) erzeugt werden als reguläre, selbst wenn das Ergebnis doch nur relativ leise klingt. Sie erklingen nicht automatisch, wenn das offene Ventil gedrückt wird, sondern müssen mit dem Ansatz dort hinintoniert werden. Die ersten Spielversuche sind von Orientierungslosigkeit gekennzeichnet, weil es kein gewohntes Einrasten von Naturtönen mehr gibt und alle über Jahre erlernten Zungen- und Ansatzpositionen plötzlich unbrauchbar sind. Beim Zuschalten eines Lochtons geht der Ansatz und Blasdruck ins Nirgendwo. Der Intonationsspielraum, den jeder normale Ton individuell für sich hat, ist auf einmal riesig groß und ein Tonzentrum ist scheinbar nicht existent. Wenn das Lochtonventil das zweite oder erste ist, können die im Luftweg davor liegenden Ventile für weitere Tonkombinationen hinzugeschaltet werden.
Bautechnisches
Ein Nachteil der Lochtöne ist die eingeschränkte Verfügbarkeit über alle chromatischen Trompetentöne, da zu deren Erzeugung alle Ventilröhren in geschlossener Kombination benötigt werden, während Loch-töne den Luftfluss genau an dieser Stelle unterbrechen und damit gewisse Kombinationen für die im Luftweg weiter hinten liegenden Ventile wegfallen. Einziges wirkliches Problem bei Lochtönen kann die Bauform der Trompete selbst sein, da es durchaus denkbar ist, dass sich bei Trompeten mit Drehventilen zwar Röhren entfernen, nicht aber offen wieder draufstecken lassen. Dann hilft nur eins: Trompete mit Pumpventilen benutzen, denn hier klappt es immer.[2] Bei der dritten Röhre muss darauf geachtet werden, dass sie beim offenen wieder Draufstecken auch hält und nicht wegen des Öls oder Fetts von selbst wieder abfällt (ein einfaches Gummiband verhindert das). Wird der erste Stimmbogen vollständig entfernt, also nicht offen wieder drauf gesteckt, muss der Trompeter aufpassen, dass er sich beim Spielen nicht selber „anspuckt“, weil der Luftstrom und Ton ihm direkt entgegen kommt. Deshalb muss in diesem Fall ein Hinweis in die Noten geschrieben werden, dass er an geeigneter Stelle vorher alle Wasserklappen öffnet und das Kondenswasser rauslässt, sonst spielt er es sich bei offenem ersten Ventil ins Gesicht.
Lochtöne in Kompositionen
Beim Vorschreiben von Lochtönen in Noten und Partituren muss einiges mehr an Zeit zum Entfernen der Röhren einkalkuliert werden als für Dämpfereinsätze, da manche Trompeten Abstandsbegrenzer (mit Schräubchen) oder Intonationsmechaniken haben, die das Auseinandernehmen behindern und verzögern. Für den Fall, dass Aufnahmen oder elektrische Verstärkung vorgesehen sind, ist hier ebenso zu berücksichtigen, dass der Schall bei Lochtönen eben nicht mehr aus dem Schallbecher, sondern aus der offenen und eventuell verlängerten Röhre direkt am Ventil austritt, auch im Fortissimo immer leise klingt und darauf das Tonabnahmesystem abgestimmt werden muss. Lochtöne kommen nicht zur Wirkung und gehen klanglich völlig unter, wenn sie in schnellen Notenpassagen eingebaut werden, weil der reguläre Trompetenklang sie völlig überstrahlt. Man wird sonst nur irgend ein Zwischengeräusch hören, aber keinen Ton. Umgekehrt sind sie in langsamen Stellen gut zu hören. Außerdem ist der Luftdruckunterschied zwischen Standardtönen und Lochtönen so enorm, dass schnelle Stellen nicht ermöglichen, die Lochtö-ne präzise anzuspielen. Trompeter sind den regulären Blasdruck gewöhnt, nicht denjenigen für Lochtöne, der gezielt geübt werden muss. Beim Komponieren darf man nie vergessen, dass bei Verwendung von Lochtönen das betroffene Ventil für alle regulären Töne unbrauchbar wird, die mit ihm allein oder mit ihm in Kombination gespielt werden und die verbleibenden nur noch eingeschränkt chromatisch gespielt werden können. Die Lochtontabelle ist so angelegt, dass immer nur an einem einzigen Ventil der Stimm-bogen entfernt wird. Mehr macht keinen Sinn, wie ich experimentell herausgefunden habe, weil die Ein-schränkungen für die regulären Trompetentöne zu groß werden, die ja viel wichtiger sind. Man kann kei-ne zwei Ventile als Lochtöne gleichzeitig schalten, weil die Luft ja gar nicht mehr beim zweiten, hinten im Luftweg gelegenen Ventil ankommt.
Notation
Bei der Notation habe ich mich für rautenförmige Notenköpfe entschieden, wenn der klare, diskrete Ton gemeint ist. Notiert wird er, wie er auch akustisch klingt – also wie ganz gewöhnliche Töne, aber immer transponierend. So lässt sich ein Lochton leicht einkomponieren und immer, wenn ein rautenförmiger Notenkopf auftaucht, muss demzufolge ein entsprechender Lochton gegriffen werden. Komponierende müssen die für Lochtöne benötigten Spezialgriffe auf jeden Fall für jeden einzelnen Ton immer wieder in die Noten schreiben (oberhalb des Notensystems), weil die niemand auswendig kennt, diese Spezialtechnik völlig unbekannt ist und sonst der rautenförmige Notenkopf nicht ausreicht. Der sieht wie ein regulärer Ton aus, nur dass man nicht weiß, wie man ihn greifen soll. Man muss für das Entfernen und Montieren wie gerade erwähnt genug Pausen lassen und schreibt am besten Verbal unter die Akkolade oder in einer Fußnote, welcher Rohrbogen entfernt und eventuell offen wieder drauf gesteckt werden soll. Eine PDF-Datei dazu enthält die vollständige Tabelle aller möglichen Lochtöne (mit und ohne Verlängerung) und ihren Kombinationen. Da das Klangfeld für Lochtöne wie gerade schon angesprochen so unglaublich groß und dieses Themengebiet auch völlig neuartig ist, halte ich es nicht für sinnvoll, hier auch noch Vorschläge für Notenköpfe einzuführen, die irgend eine bestimmte Klangfarbe darstellen sollen.
Intonationsgrenze
Intonationsgrenze bedeutet, dass eine Tonhöhe nicht beliebig mit dem Ansatz nach oben oder unten gezogen werden kann, sondern physikalischen Grenzen unterliegt, wie sie für alle Naturtöne gelten, bis sie überblasen oder unterblasen werden. Diese gehen im Tiefen Register weit auseinander und im hohen Register auf Null, dort kann nicht mehr nachintoniert werden. Wird die Intonationsgrenze verlassen, kippt der Ton sofort in den benachbarten Ton seiner Naturtonreihe um.
In der Tabelle sind die Töne in Klammern die Intonationsgrenze und nicht direkt anspielbar, sondern nur durch ein extremes Glissando vom Nachbarton aus, der mit ihnen durch den Glissandostrich verbunden ist. Man wird also einen gezogenen Ton (Glissando) hören und einkomponieren müssen, wenn der Ton an der Intonationsgrenze unbedingt gebraucht wird. Die Mikrotonvorzeichen sind Näherungswerte, die keinen experimentellen Messergebnissen zugrunde liegen. Falls ein Tonbereich keine eingeklammerten Grenznoten hat, sind Ton und Intonationsgrenze identisch. Tatsächlich haben auch Lochtöne ein Tonzentrum, das den Ton am rauschfreiesten und deutlichsten hören lässt. Als Faustregel gilt, dass ein Lochton bei seiner Flexur (Verbiegung, Nachintonation) zunehmend geräuschhafter, indifferenter und bei zunehmender Lautstärke präziser, diskreter und sauberer wird. Mit dem Ansatz wird die Tonqualität auch bei Lochtönen maßgeblich mitbeeinflusst – wie auch im Jazz üblich, wo ein Rauschen im Ton besonders charakteristisch ist.
Ausprobieren:
Den zweiten Rohrbogen herausziehen und das g´ mit Griff Null spielen. Dann das zweite Ventil bei gleichem Blasdruck drücken – das A einen Ganzton höher erklingt ziemlich klar. Dieses A ist einer der bestgeeigneten Lochtöne, die wie normale klingen. Wenn er richtig intoniert werden kann und das Blasgefühl für diesen Ton besteht, auf diesem Ton langsam zum g´ trillern. Zuletzt den Ton direkt anspielen, mit Glissando in beiden Richtungen mehrfach bis an die Intonationsgrenze bringen und dabei auch die dritte Tondimension, die Klangfarbe, spielerisch ausloten.
[1] Ich stöberte es im Februar 2002 in einem Notenladen auf, uraufgeführt wurde es 1999
[2] aus diesem Grund hat der Komponist Buttkewitz auch eine Pumpventiltrompete für sein Konzert vorgeschrieben